Besuch des Heinz Nixdorf Museums

Gestern war ich mit Christian und S. im weltgrößten Computermuseum, dem Heinz Nixdorf Museumsforum. Dieses Jahr findet dort eine Alan Turing Sonderausstellung statt, was der Hauptgrund für unseren Besuch war. In der Vorlesung von Frank Hartmann zu Medienphilosophie (hieß offiziell Multimedia oder ähnlich) wurde einiges zu Turing erzählt, weshalb ich mich auf die Ausstellung freute aber auch gewisse Erwartungen hatte.

Ich wurde enttäuscht. Von der Alan Turing Sonderausstellung. Und vom restlichen Museum.

Über dem Eingang des Museums hängt ein Banner, der die Turing Ausstellung ankündigt. Seine Fläche dürfte in etwa der Grundfläche der Sonderausstellung entsprechen. Im Foyer des Museums steht ein kleiner Klotz mit etwa fünf Exponaten und Text auf der Außenwand. Ich habe mich nicht ausreichend informiert und Ausstellungsankündigung nur kurz quergelesen. Turing in 10 Etappen bedeutet zwar 10 Themenbereiche, jedoch sind es nicht räumliche Etappen, sondern zeitliche Etappen. Jedes Thema kommt etwa ein Monat in den kleinen Klotz. Um alle zu sehen, müsste man also über das Jahr verteilt zehnmal hinschauen. Da die Ausstellung im Foyer kostenlos ist, wie ich auf der Website erfahren habe, ist das nicht ganz abstrus, aber die einzelnen Etappen sind aus meiner Sicht nur für Hardcorefans interessant, da die meisten Leute in fünf bis zehn Minuten durch sind.

Zu allem Überfluss war die Turing Ausstellung gestern geschlossen, da sie gerade umgebaut wird. So zumindest die Auskunft an der Information. Erst waren wir enttäuscht, dass sie geschlossen war. Als wir uns jedoch versicherten, dass die Ausstellung der kleine Klotz war, man konnte von beiden Seiten hinein- und durchsehen, waren wir mehr über Umfang und Inhalt enttäuscht. Aber es gäbe ja auch einen Turingbereich in der Dauerausstellung. Dieser besteht aus einer Infotafel und einem Touchscreen, der an eine Umsetzung des theoretischen Models der Turingmaschine angeschlossen war und man einfache Rechnungen darüber laufen lassen konnte. Auch nach mehrmaligen Durchprobieren und Rätseln konnten wir die Maschine nicht durchschauen. Die Schritte auf dem Screen waren ansatzweise nachvollziehbar, die Maschine selbst nicht. Erklärung gab es leider keine.

Da uns die übrigen Objekte im ersten Stock, dort ging es um die Vorläufer von Computern, vor allem mechanische Gerätschaften und Theorien, nicht besonders interessierten, verbrachten wir die restliche Zeit im zweiten Stock, wo es um die neuere Computergeschichte geht.

Eines muss man dem Heinz Nixdorf Museum lassen, sie haben viele Exponate rund um Computer aus unterschiedlichen Epochen gesammelt. Aber dann hört das Lob auch schnell wieder auf. Es gibt ein paar Fehler, wo Informationen einfach nicht stimmen, etwa wenn ein Prozessor als Tastatur beschrieben wird und sehr viele Unstimmigkeiten. Etwa eine Pyramide mit Speichermedien, unten Disketten und Datasetten, dann Laufwerke, dann Festplatten und oben RAM Riegel. Wir haben versucht die Gemeinsamkeiten der jeweiligen Ebenen zu und eine Logik in der Pyramide selbst zu finden. Geland nur so halb. Auf der Seite der Pyramide gab es dann eine Abbildung, die mich jedoch nur noch mehr verwirrte und wir einigten uns darauf, dass die Abbildung mit den Exponaten nur soviel zu tun hat, dass sie beides Mal um Speicher handelt. Die Abbildung macht keinen Sinn. Ich habe sie eingebunden und freue mich über Erklärungen dazu. Wie kommt man etwa von Offlinespeicher zu Onlinespeicher über die Zwischneschritte Terabyte bis Kilobyte?

Das gesamte Museum wirkt wie eine riesige Privatsammlung, deren Objekte ungefähr geclustert und mit teils sehr notdürftigen Erklärungen versehen wurden. Zwischendurch immer wieder interaktive Stationen, wo man schön herumspielen kann, die aber oft weder selbsterklärend sind (Modelleisenbahn, die den Wochentag für ein Datum ausrechnet) noch eine Erklärung haben, was im Hintergrund abläuft.

Es ist nicht alles schlecht, im Gegenteil; einige Exponate fand ich faszinierend, bei anderen kann man wunderbar in Nostalgie schwelgen. Mit einer guten Führung kann ich mir vorstellen, dass das Museum spannend ist und man einiges über Computer lernen kann. Gerade wenn man sich nicht so auskennt. Besichtigt man es jedoch alleine ohne viel zu wissen, wird man lediglich in der Meinung bestätigt, dass Computer undurchschaubare Dinger sind und niemand so recht weiß, wie sie funktionieren. Es hilft wenig, wenn bei der Infotafel über die Chipherstellung mit dem Satz geschlossen wird, dass es ein Wunder ist, dass das Ganze überhaupt funktioniert. Es ist großartig, aber kein Wunder. Viele Menschen haben sich lange Zeit damit beschäftigt und es immer weiter verbessert, damit die Dinge heute so funktionieren, wie sie funktionieren. Von einem Museum erwarte ich, dass die Dinge erklärt und nicht als Wunder mystifiziert werden. Kennt man sich gut aus, sind einige Exponate interessant, aber bei den Erklärungen wird man an den Rand der Verzweiflung getrieben.

Ich habe die Phase der («DAS kann nicht die Sonderausstellung sein; das glaube ich nicht; das meinen die nicht ernst;»), die Phase des Wahnsinns (unkontrolliertes Lachen bei diversen Objekten und zwischendurch) und die Phase der Resignation («so schlimm ist es gar nicht; manche Bereiche sind richtig gut») durchgemacht.

Es ist schade. Die Sammlung selbst ist toll. Die Präsentation leider nicht. Immer wieder scheint Form Überhand zu nehmen und Funktion vernachlässigt zu werden, anstatt es Hand in Hand gehen zu lassen. Geniales Gegenbeispiel sind vier hintereinanderliegende Glasscheiben, ganz vorne das grafische Interface bis zu Nullen und Einsen ganz hinten.

Vielleicht sollte man als Besucher innovativ sein, mit dem Smartphone durch die Ausstellung gehen und sich die Hintergründe zu den Exponaten vom Internet erklären lassen. Oder man hat jemand, der sich gut auskennt und durch die Ausstellung führen kann.


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Kommentare

2 Antworten zu „Besuch des Heinz Nixdorf Museums“

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  2. Avatar von unternehmens.datenraume.de

    Ein sehr guter Post, der alles ausreichend zusammen fasst. Ich habe mich damals auch durch alle Anfänger-Guides gelesen bevor ich dann nutzliche Information gefunden habe. Sowas ist äußerst hilfreich! Es ist vor allem schön zu wissen, dass alle mal klein angefangen habe. Das ist zwar eigentlich klar, aber wird gern vergessen.

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