Mediennutzung 2020

Am 30.11.2010 findet das nächste twenty.twenty statt. Thema We Produse. Medienproduktion und Mediennutzung im Jahr 2020. Als Gremiumsmitglied melde mich mit einer kleinen Themenverfehlung zu Wort und erzähle euch einen Geschichte, die ich im Jahr 2020 geschrieben habe werde. Für die Veranstaltung sind leider keine Plätze mehr frei, aber ihr könnt sie im Livestream verfolgen. Freue mich über Fortsetzungen zur Geschichte oder andere Beiträge zum Thema.

Bild: CC BY-NC-ND Gilderic

Vor zwei Jahren ist das letzte Mal eine Österreichische Zeitung aus einer Druckpresse gekommen. Es war der Tag, an dem die dritte Generation des Öslis von der Österreichischen Medienvereinigung an die Bürger verteilt wurde. Ein kleiner Ausflug, was die Medienvereinigung ist. Als 2012 die staatlichen Förderungen für Medienproduktionen eingestellt und die ORF Gebühren abgeschafft wurden, hat der Chinesische Medienmogul Chan Lang Ho, von dem noch nie jemand etwas gehört hat, Gespräche mit allen österreichischen Medienunternehmen geführt und sie an einen Tisch gebracht. Nur die Krone hat die Verhandlungen schon im Vorfeld abgesagt. Man wolle und bräuche kein ausländisches Geld. Sollen sich die anderen doch unterwerfen, die Krone bleibt unabhängig. Chan Lang Ho hat sich davon nicht beeindrucken lassen. Nachdem ORF, Moser Holding und Styria Medien bereits nach wenigen Tagen angekündigt hatten, Chang Lang Ho Corp. würde Mehrheitseigentümer werden, sind die kleineren Unternehmen schnell nachgezogen. Das war der Zeitpunkt, als sie unter der Österreichischen Medienvereinigung zusammengefasst wurden. Sowohl EU als auch der Staat Österreich hat die Deals wenig überraschend geduldet und schon Monate später wurden die ersten Printprodukte eingestellt. Kein Mitarbeiter wurde entlassen, jedoch gab es massive Umstrukturierungen. Der gesamte Anzeigenmarkt wird seitdem über die Online Plattform CLH.ads abgewickelt. Vollautomatisch und hochpersonalisiert. Alle Leser, die sich dazu entschieden haben, das neue Angebot der Österreichischen Medienvereinigung zu nutzen, bekamen einen Digitalen Reader, den Ösli, mit dem man nicht nur das Angebot der Österreichischen Medienvereinigung nutzen konnte, sondern auch auf das gesamte Web Zugriff bekam. Dank einer Kooperation mit der Telekom, war dieser Zugriff in ganz Österreich kostenlos. Es gab zwar einen Aufschrei, als bekannt wurde, dass die gesamte Webnutzung am Ösli getrackt und an CHL.ads übergeben werden würde, doch nur die wenigsten gaben aus diesem Grund das Gerät zurück. Ich habe in meinem Schrank noch alle drei Generationen liegen. Grundsätzlich ein tolles Gerät, das aufgrund des Vertriebs ohne Schwierigkeiten das iPad überholt hat. Heute gibt es in 95% der Haushalte zumindest einen Ösli.

Drei Jahre habe ich für die Österreichische Medienvereinigung gearbeitet. Es war ein tolles Angebot und ich mochte die Idee, dass alle Österreicher kostenlosen Zugang zum Internet bekommen. Der Staat hat zwar oft darüber geredet, aber außer ein paar Marketingkampagnen ist nie etwas herausgekommen. Doch die Österreichische Medienvereinigung hatte die Reichweite, das Produkt und das Geld. Zu den Grundregeln gehörte nicht mit Presseaussendungen zu arbeiten. Stattdessen bekamen Firmen einen eigenen Bereich, wo sie ihre Artikel veröffentlichen konnten. Es erschien mir nahe liegend, dass man nicht die wertvolle Arbeitszeit von Journalisten damit vergeudet, dass sie Pressemitteilungen lesen und ein paar davon leicht umschreiben und veröffentlichen. Damit der Bereich auch für Leser interessant bleibt, konnten sie nicht für die Platzierung bezahlen, sondern es gab nur eine Pauschale, um in dem Bereich veröffentlichen zu dürfen. Die Reihung der Artikel wurde über einen Algorithmus berechnet, der eine Vielzahl von Faktoren beachtete. Wichtig sind etwa, die Interessen der Leser anhand der bisher gelesenen Artikel (wie lang, wurde etwas angeklickt, weitergeleitet,…) als auch die Interessen der Kontakte. Zusätzlich konnte man die Artikel von Firmen abonnieren, damit man diese immer bekam. Zu Beginn waren die meisten Firmen überfordert, da ihre Aussendungen keine Beachtung fanden, doch mit der Zeit lernten sie besser zu schreiben, stellten Leute ein, die gut darin waren und es entstanden neue Agenturen, die speziell darauf ausgerichtet waren. Etwas im Verborgenen entwickelte sich ein Markt für Interesse, wo Firmen dafür zahlen konnten, dass ihre Artikel höhere Platzierungen erreichen würden. Die Österreichische Medienvereinigung hat dagegen vieles unternommen, doch noch heute ist es ein Wettrennen, wo immer wieder neue Möglichkeiten auftauchen, die dann wiederum gestoppt werden.

Die Kronen Zeitung wurde zu einem Nischenmedium, ihr Hauptthema ist der Kampf gegen die Österreichische Medienvereinigung. Immer wieder deckt sie Schwächen und Fehler auf, doch außer ein paar Studenten interessiert sich fast niemand dafür. Vor allem aus dem Grund, dass man bei der Österreichischen Medienvereinigung überall Kommentare schreiben kann, dort ebenso Fehler angemerkt werden und diese Kommentare, dann sehr populär präsentiert. Somit geben sich sowohl Firmen, als auch Journalisten besonders viel Mühe Fehler zu vermeiden.

Der Ösli hat alle anderen Medien verdrängt und es wird aktuell darüber verhandelt die Satellitenfrequenzen für andere Zwecke freizugeben, da fast niemand mehr klassisch fern sieht. Am Ösli kann man sich die meisten Filme und Serien kostenlos und in jeder verfügbaren Sprache anschauen oder gegen eine geringe Gebühr auch werbefrei.

Erst vor kurzem habe ich mitbekommen, dass viele Journalisten die Österreichische Medienvereinigung verlassen haben. Der Grund war nicht das Gehalt oder wie sie arbeiten mussten, sondern das fehlende Leserinteresse. Einer hat mir erzählt: „Wenn du jeden Tag in der Früh, deine Statistik siehst und wie sie immer weiter sinkt, dann macht dir das keinen Spaß mehr. Ich habe mich an alle Regeln des Journalismus gehalten, habe lange recherchiert und großartige Artikel geschrieben. Das hat mir auch jeder bestätigt. Doch gelesen wurden die dennoch nicht. Ich werde als Egoschreiber weitermachen.“. Egoschreiber kann jeder sein. Man hat im Ösli eine eigene App, über die man Inhalte erstellen kann. Welche Inhalte das sind, ist jedem selbst überlassen. Meist sind es persönlich angehauchte Kolumnen. Mit der integrierten Kamera ist es sowohl möglich Fotos zu machen, als auch Videos und diese am Gerät nachzubearbeiten. Durch die hohe Verbreitung gibt es von den meisten Ereignissen Liveberichte und ein riesiges Archiv, das jedem zugänglich ist.

Mein Lieblingsbereich ist Government Data. Dort hat man Zugriff auf alle Daten des Staates und kann sie verknüpfen, Grafiken erstellen und vieles mehr. Ein ähnlicher Bereich ist für Firmen geplant. Und wenn man etwas interessantes entdeckt hat, kann man es direkt in seinen Egobereich holen und dort darüber schreiben oder ein Video machen.

Jeder Bürger hat mit dem Ösli die Möglichkeit, seine Meinung zu sagen und über Algorithmen werden ähnliche Inhalte zusammengefügt, sodass man sich schnell verknüpfen kann und Dinge verändern. Eine Freundin von mir hat ihre Firma dadurch gegründet, dass sie darüber geschrieben hat und andere Leute fand, die sich auch dafür interessierten. Der Ösli verbindet Menschen und hat für viel mehr Verständnis gesorgt, indem man auf einer anderen Ebene darüber kommuniziert.

Ich würde euch gerne noch mehr davon erzählen, aber wenn ich nicht alle 2 Stunden meine Position ändere…Ich muss los. Ihr werdet es selbst erfahren.


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Kommentare

5 Antworten zu „Mediennutzung 2020“

  1. Avatar von Uli Bachmann

    Hallo Luca,

    wie versprochen mein Senf zu Deinem Artikel.

    Eigentlich hätte ich mir mehr erwartet. Die Szenarien sind ja nicht wirklich neu und ein Großteil Deiner Ideen gestern wohl schon bei Google, Facebook & co. als konkrete Ziele herum. Ist der Ösli auch das Smartphone der Zukunft, löst er den PC und Laptop ab? Treffen wir uns noch IRL? Wie wird das Konsumverhalten durch die neuen Möglichkeiten der Vernetzung und des Social Brainstorming verändert?

    Vielleicht gibt es noch eine Fortsetzung… ich würd‘ sie wieder lesen.

  2. Avatar von kewagi

    Eine Zukunftsvision, in der die Krone zur StudentInnenzeitung wird? Mein Herr, tausend Punkte für so viel bizarre Utopie. Interessante Ansätze in dem Artikel, durchaus wert, ausgebaut und weiter bedacht zu werden.

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