Fragen

„Lass uns woanders weiterreden.", meinte Weihnachten, „Eugene hat Angst vor Gesprächen."

Beim hinausgehen flüsterte er Mort zu, „Er ist der einzige hier, der wirklich… nicht ganz… du weißt schon. Außerdem vertraut er den Ärzten hier. Eine grobe Torheit. Das heißt, er würde uns sofort verraten."

Inzwischen sprach er in normaler Lautstärke, da sie sich nun auf einem menschenleeren Korridor befanden.

Mort hatte eine Menge Fragen.

„Ich habe eine Menge Fragen,", begann er hoffnungsvoll, doch er wurde unterbrochen.

„Moment. Noch ist es nicht sicher."

Also trottete Mort still durch die kargen Korridore hinter dem Herren, der sich Weihnachten nannte, her. Hin und wieder passierten sie andere Insassen, die Mort mit ernsten Mienen zunickten. Ab und zu passierten sie eine der Schwestern, möglicherweise immer die gleiche (schwer zu sagen), oder einen Arzt.

Dann betraten sie eine der Zellen, und Weihnachten schloss die Tür.

„Jetzt?", fragte Mort.

„Noch einen Moment, junger Mann. Kurze Erläuterung. Das hier ist mein Zimmer, das heißt ich teile es mit Horace. Er ist einer von uns. Im Moment überwacht er die Ablenkungsmanöver der verdeckten Vermessungstechniker im Hof. Hoffen wir, dass er gesund zurückkehrt."

„Okay,", begann Mort erneut. Er hatte jetzt noch ungefähr zehn neue Fragen. Doch Weihnachten schien es eilig zu haben.

„Sieh her.", sagte er und öffnete seinen Schrank. Es war so gut wie nichts darin – auf den ersten Blick. Dann entfernte Weihnachten den Boden im Schrank, der garkein Boden war. Darunter lagen einige Zettel in allen größen und Farben, auch ein oder zwei Fotos.

„Das hier ist sehr wichtig. Die Betreiber dieser Anstalt wissen nicht, dass ich es besitze. Doch es wird uns helfen, hier rauszukommen!"

Was hatte er erwartet, fragte Mort sich. Das hier war eine Irrenanstalt. Natürlich waren hier alle vollkommen plemplem. Doch woher wusste dieser Irre Morts Namen? Vielleicht ein voyeuristischer Irrer, ein Stalker?

„Woher wollen sie das wissen?", fragte er trotzdem weiter.

„Steht alles hier drin." Weihnachten zeigte auf die Zettel im Schrank.

„Schön.", sagte Mort, der jetzt genug hatte, „Könnten sie mir jetzt wohl einen Moment zuhören? Ich habe wirklich keine Ahnung, wovon sie sprechen und verdammt viele Fragen."

„Versteht sich."

Wieso heißen sie Weihnachten? Hat Eugene vor allem Angst? Wovor wollten sie mich damals warnen? Woher scheinen sie mich so gut zu kennen? Wer sind „wir", wovon sie ständig sprechen? Wieso gibt es verdeckte Vermessungstechniker in einer Irrenanstalt?

Mort wollte so viele Antworten. Doch er bekam, so muss ich euch leider mitteilen, keine einzige. Er kam noch nicht einmal dazu, mit den Fragen zu beginnen.


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