Nichts besonderes

Mort hasste, wie sein bester Freund Sidney und die meisten anderen auch, die Schule. Dafür wussten sie dieselbe allerdings zu vermeiden, oder zumindest, wie man sich die Zeit dort erträglich machen konnte. Vermieden werden konnte sie auf die verschiedensten Arten. Zum Beispiel einfach nicht hinzugehen, was ihnen jedoch ausnahmslos Ärger einhandelte, oder auch indem sie sich die fantasievollsten Pläne und Ausreden einfallen ließen (was ihnen noch mehr Ärger brachte, wenn sie ertappt wurden).

Die Zeit in der Schule wurde für Mort von Victoria Fox versüßt, die seiner Meinung nach relativ gut aussah, ihn aber leider ignorierte; und durch die vielen unterhaltsamen kleinen Dinge, die man zum Beispiel in einer Freistunde mit Gummibären und dem Overhead-Projektor anstellen konnte. Victoria und der Projektor brachten zwar noch mehr Ärger mit sich als das vorsätzliche Versäumen von Schulstunden, aber es waren nunmal eben diese Kleinigkeiten, die einem die Lust am Leben erhielten.

In ihrer Freizeit, die Mort und Sidney vorzugsweise zusammen vergeudeten, überlegten sie meistens, was sie gegen die unsägliche Langeweile, die in der Freizeit entstand, tun konnten, oder, wie man Gummibären möglichst spurlos von einer Tafel abkratzen kann. Wenn sie im Zuge der ersteren Überlegungen Ergebnisse erzielen konnten, so endete dies oft sehr gefährlich für sie selbst und ihre Mitmenschen. Die freiwillige Feuerwehr fuhr gerne und oft zu Morts Haus, um in der Nähe zu sein, wenn etwas passierte, oder einfach nur um spottend daran vorbeizufahren.

„Das machen die nur, um uns zu verspotten", sagte Sidney zu Mort, der auf dem Boden seines Zimmers saß und zeichnete. Mort antwortete nicht, was seinem Freund nichts ausmachte, denn er war daran gewöhnt. Dafür redete er selbst gern umso mehr.
„Ich denke schon, dass wir einen Flammenwerfer brauchen.", fuhr er fort, während er Morts Zeichnungen betrachtete.
„Wieso?", fragte Mort.

„Weil Flammenwerfer viel zu cool sind, um nicht gebraucht zu werden." Sidney redete relativ viel, aber er dachte umso weniger. Was nicht heißen soll, dass Mort viel dachte. Vielmehr hatte er eher Schwierigkeiten, einer Konversation zu folgen, und zog es daher vor, sie auf seiner Seite zu verkürzen. Trotzdem wusste Sid, dass Mort auch seiner Meinung war. Er verstand ihn ohne Worte.

Detailreich zeichnete Mort den Flammenwerfer an die Seite der Seifenkiste. Schließlich betrachtete er den Entwurf. Er stellte sich das ganze vor. Ihm fiel etwas auf.

„Würde dabei der Fahrtwind nicht die Flammen uns selbst ins Gesicht blasen?", machte er Sidney aufmerksam.

Sid bückte sich um die Zeichnung zu sehen. Er versuchte es sich vorzustellen. Sein Grinsen fror kurz ein und fiel dann zu einem Ausdruck von Ratlosigkeit zusammen.

„Vergiss den Flammenwerfer", sagte er.

Mort griff nach dem Radiergummi. Es war nicht mehr viel davon übrig.

„Dafür haben wir mehr Platz für die Getränkehalter.", fuhr Sid fort und fügte gleich hinzu: „Und mach die Boxen ein bisschen größer."

Das würde eine verdammt coole Seifenkiste werden.

Zumindest dachten das Mort und Sidney; und die Seifenkiste wäre wohl auch verdammt cool geworden, wäre sie rechtzeitig fertig geworden. So steht sie aber leider immer noch da, wo Mort sie später stehen lassen würde, halb fertig und mit einigen Blutflecken an der Unterseite. In dem Moment dachten die beiden allerdings nur an diese Seifenkiste, und vielleicht an Victoria.


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Kommentare

3 Antworten zu „Nichts besonderes“

  1. […] Sein Freund, Sidney Lawt? Sein armer dahingeschiedener ehemaliger bester Freund Sid? Mehr als erstaunlich. Er hatte Mort nie […]

  2. […] 2-Blog bei „Nichts besonderes“ […]

  3. […] 2-Blog bei „Nichts besonderes“ […]

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